Die ist ein Zitat von Herbert Alfred Frenzel.
Ich möchte anhand einer kleinen Geschichte verdeutlichen, dass man sich in der Kommunikation immer klar machen muss, wann und in welchem Umfang es sinnvoll ist, sich einzumischen und wann nicht.
Der Streit um die Orange
Ein Mädchen streitet sich mit ihrem Bruder um eine Orange.
Die Mutter kommt dazu und will, dass sich die Kinder vertragen. Würde sie die Orange teilen, wären beide Kinder unzufrieden, da beide Kinder jeweils die ganze Orange haben wollten (lose-lose bzw. Kompromiss).
Zur gleichen Unzufriedenheit kämen die Kinder, wenn die Mutter die Orange wegnehmen würde (lose-lose). Gibt sie einem Kind die Orange, wäre das jeweils andere Kind unglücklich (win-lose).
Die Mutter ist Mediatorin und fragt daher die Kinder nacheinander, warum es ihnen wichtig ist, die Orange zu bekommen. Der Junge sagt, ich will mir die Orange pressen, weil ich Durst habe. Das Mädchen sagt, ich will Plätzchen backen und benötige die Schale der Orange. Die Kinder schauen sich erstaunt an. Der Junge schlägt vor die Orange zuerst zu reiben und dann zu pressen (win-win). Das Mädchen schlägt die umgekehrte Reihenfolge vor, da sich die Orange mit Schale besser pressen und ohne Saft besser reiben lässt.
Mischen wir uns Eltern also in der Rolle des Mediators in Streitereien zwischen Geschwistern ein, kann ein wichtiger Entwicklungsschritt entstehen.
Dafür ist es zunächst wichtig, sich selbst wahrzunehmen: Wie geht es uns bei der Beobachtung des Streites und welche emotionale Reaktion löst er bei uns aus?
Vielleicht reagieren wir darauf unsicher (… weil wir denken: Wer hat was gemacht? Wer hat hier „Schuld“?) oder wir sind unruhig/ besorgt (… weil wir denken, dass der Familienfrieden schon wieder entgleitet und man nach dem stressigen Arbeitstag dringend Entspannung gebrauchen könnte) oder wir werden traurig (… weil es uns an unsere eigene Kindheit erinnert, in der wir uns oft als Verlierer fühlten). Allein anhand der unterschiedlichen Gefühlsreaktionen auf ein und denselben Auslöser können wir für uns klären, was wir uns damit erfüllen, wenn wir einschreiten.
Bevor wir etwas unternehmen, kann es also für alle Beteiligten hilfreich sein, sich zunächst zu sammeln, sich selbst zu beruhigen, um dann mit einem klaren Geist und einer wertfreien Haltung beiden Kindern zu begegnen.
Je nach Alter der Kinder und nach Intensität des Konflikts hilft zunächst die Frage: „Kommt Ihr klar?“ oder „Braucht Ihr Unterstützung?“ oder der Hinweis „Ich unterstütze Euch gerne, wenn Ihr Hilfe braucht!“.
Kelly Bryson ein amerikanischer Psychotherapeut und NVC-Trainer (Trainer der Gewaltfreien Kommunikation) und Freund von Marshall B. Rosenberg verwendete statt des Wortes „Streit/Konflikt“ den Begriff „Bedürfnisverhandlung“. Mir persönlich gefällt dieser Begriff sehr gut, weil er die Bedürfnisse eines jeden in den Mittelpunkt stellt.
Zurück zu unserem Beispiel:
Wenn die Mutter sich dafür entscheidet, eine allparteiliche Rolle einzunehmen, kann sie jedem Kind empathisch die Frage stellen: “Wofür brauchst Du die Orange?“.
Wenn geklärt ist, welches Bedürfnis sich die Kinder erfüllen wollen, können sich die Beiden weitere Schritte überlegen. Auch zu diesem Zeitpunkt möchte ich Eltern ermutigen, sich zurückzuhalten und nicht wieder „die Nase“ zu schnell in die Angelegenheit der Kinder „zu stecken“.
Was sie tun können, ist, weiterhin versuchen zu „erschnuppern“, wie angespannt die Lage ist. So schenken Sie den Kindern den Raum sich selbst zu entwickeln und konstruktiv und eigenverantwortlich miteinander umzugehen.
Dieses Vorgehen ist auch sinnvoll, wenn wir als Führungskraft Beschwerden von einem Mitarbeiter hören und voreilig die Initiative ergreifen wollen, weil wir das „Macher- Gen“ in uns tragen.
Sind wir schnell in der Rolle des Unternehmers – im wahrsten Sinne des Wortes!- und glauben, gleich etwas dagegen tun zu müssen, lenkt das uns von unseren eigentlichen Aufgaben ab.
Hin und wieder kann es dann auch mal sinnvoll sein:
„Bei manchen Nasen, ist ein fliehendes Kinn als Reaktion absolut verständlich.“ Karl Heinz Karius
Auf Dauer werden die Mitarbeiter immer wieder auf uns zu kommen, weil sie nicht gelernt haben, selbst mit unterschiedlichen Standpunkten zurecht zu kommen und Lösungen zu finden, die für alle Beteiligten passen.
Es entlastet uns langfristig, in die Rolle des distanzierten Begleiters oder ggfs. Mediators zu wechseln. Wir können so unserer Arbeit weiter fokussiert nachgehen.
Gleichzeitig fördert dieser Umgang mit Konflikten die Sozialkompetenz der Beteiligten und es können dadurch sogar neue Ideen, an die niemand gedacht hat, entstehen.